Von Mondstaub und von Feenhaar    

  

 

 Ganz oben in den nordischen Ländern ist es gar keine Frage, da glaubt man nicht nur an Trolle und Feen, sondern ist überzeugt davon, dass es sie gibt. Manche Trolle sollen den Menschen öfter mal einen Schabernack spielen, andere sollen den Menschen auch schon mal helfen. 

Es ist ähnlich, wie bei den Seeleuten, die an den Klabautermann glauben. So richtig wirklich wissen, kann man es nicht. Aber ich habe vor vielen Jahren eine interessante Geschichte gehört: Tief im Odenwald stand ein sehr alter Baumstumpf. Der Baum, den man einst gefällt hatte, mochte wohl über zweihundert Jahre alt gewesen sein. Dementsprechend groß war auch sein Baumstumpf. Das merkwürdige an diesem Baumstumpf war, dass davor des Nachts immer ein Stab mit einer brennenden Laterne stand. 

Niemand kam da mehr vorbei, denn der gute Baum war ja längst gefällt und die anderen Bäume im Umkreis waren noch lange nicht an der Reihe, gefällt zu werden. Genau diesen Baumstumpf soll sich ein Troll ausgesucht haben, um sich darin eine Wohnung einzurichten. Platz war ja nun genug darin und Trolle sind ja bekanntlich nicht wirklich groß. Eigentlich wäre der Baumstumpf – also das Haus eines Trolls - auch kaum entdeckt worden, wäre da nicht eine wissende Kräuterfrau gewesen, die oft tief in die Wälder ging, um Pilze, Wurzeln, Rinden, Blätter, Blüten und Kräuter einzusammeln, aus denen sie die allerbesten Heilsalben, Medizinen und Tees herzustellen wusste. 

Damals gab es noch keine Apotheken und man bediente sich für jedes Wehwehchen bei Mutter Natur. Und diese Kräuterfrau war es, die bei einem Spaziergang im Wald in aller Frühe sah, wie sich ganz in der Nähe der Schlehenkräuter an einem Baustumpf etwas tat. Es hörte sich erst an, wie das Quietschen einer Türangel, die schon lange kein Öl mehr gesehen hatte und dann öffnete sich unvermittelt neben ihr eine Tür in der Rinde des Baumstumpfes. Erst hatte sich die Kräuterfrau ganz ordentlich erschrocken, aber dann setzte sie sich ins Gras und musste lachen. 

So komisch war der Troll anzuschauen mit seiner schiefen Mütze und dem langen Bart, der fast bis zu den Knien ging. „Gute Frau, was gibt es denn da zu lachen?“ 

Der Troll war selbst ziemlich erschrocken. Noch nie war jemand seiner gut versteckten Wohnstatt so nahegekommen. „Nun, ich wähnte mich alleine im Wald, aber immer mal wieder hörte ich sagen, es solle hier im Wald einen gar garstigen Troll geben. Nun sehe ich Euch hier aus dem Baumstumpf kommen, und ihr seht nun wirklich kein bisschen garstig aus.“

 "Warum sollte ich auch garstig sein oder gar garstig ausschauen? Ich bin ein Troll wie jeder andere Troll auch und gehe meiner Arbeit nach. Aber was macht Ihr so tief hier im Odenwald?“

 „Nun, ich bin eine Kräuterfrau und jetzt im Frühjahr finde ich hier die besten Schlehenkräuter.“ 

„So, eine Hexe seid Ihr?“ 

„Nun ja, manche nennen mich tatsächlich Hexe, aber eigentlich bin ich eine einfache Medizinfrau. Aber was die Menschen sich nicht erklären können, das lehnen sie ab. Da kann ich noch so vielen Menschen geholfen haben, wieder gesund zu werden. Weil sie nichts von Kräutern, Salben und Tinkturen verstehen, die ich verordne oder anwende, meinen sie gleich, das hätte etwas mit Zauberei zu tun.“

 „Gute Frau, Euch schickt mir der Himmel. Ich bin nicht mehr der Jüngste, das muss man wohl sagen. Aber nun mit dem Alter wird es mit meinen Kreuzschmerzen immer schlimmer, morgens schaffe ich es manchmal kaum noch aus dem Bett.“

 

 

 

Kleine Eigenwerbung: